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ELEMENTE

Raumsituationen schaffen

Räume entstehen im Detail. Einen Raum entstehen zu lassen, bedeutet Konstruktion, Zusammensetzen, Aufbau, Addieren von einzelnen Elementen, die wir auf unterschiedliche Art und Weise und auf verschiedenen Ebenen wie Form, Größe, Farbigkeit, Textur und Struktur wahrnehmen. Jedes Element soll in der Wahrnehmung, Erfahrbarkeit und dessen Nutzen dem Ganzen dienen und die Gesamtheit des Raums unterstützen.

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„Es gibt in diesen Arbeiten keine Störung des Gesamteindruckes durch kleine Teile, die nichts mit der Aussage des Werkes zu tun haben. Die Wahrnehmung des Ganzen wird nicht durch unwesentliche Einzelheiten fehlgeleitet. Jede Berührung, jede Verbindung, jede Fuge ist da, um der Idee des Ganzen zu dienen und die ruhige Präsenz des Werkes zu verstärken. [...] Architektur ist herausgefordert, aus unzähligen Einzelheiten, die sich in Funktion und Form, im Material und in der Grösse unterscheiden, ein Ganzes zu bilden. Für Kanten und Fugen, dort wo die Flächen des Objektes sich schneiden und die verschiedenen Materialien aufeinandertreffen, sind sinnvolle Konstruktionen und Formen zu suchen. Mit diesen Detailformen werden die feinen Zwischenstufen innerhalb der grossen Proportionen des Baukörpers festgelegt. Einzelheiten bestimmen den formalen Rhythmus, die Feinmassstäblichkeit des Gebäudes.“

Peter Zumthor: Architektur denken (1999)

Zwischen Elementen und Fragmenten werden Beziehungen und Verknüpfungen hergestellt – „Zwischenstufen“, kleine Raumsituationen, neue Raumgebilde entstehen. Von Elementen und ihren Details sowie Formen werden wir geleitet, geführt und wie von Polen angezogen.

„Sich über eine Piazza zu bewegen, bedeutet zwischen einschließenden Formen zu verbleiben.“

Venturi, Scott Brown, Izenour: Lernen von Las Vegas (1979)

Unsere Bewegungen finden in verschiedenen Segmenten, Raumsituationen statt und langsam begreifen wir die Größe und Gesamtheit des Gebildes. Wie in der materiellen Architektur müssen auch in der immateriellen Architektur die Fugen, Kanten und Übergänge geschaffen werden, die den User begleiten. Die Raumgebilde werden durch Details zum Beispiel visuell stärker verknüpft (Akkordeon) oder aufeinanderfolgende bewusst zeitlich getrennt (Loading), Überlagerungen verdeutlicht (Flow in menu). Diese Elemente bilden letztendlich in der Summe der Verknüpfungen, als große Verflechtung, den Baukörper. In diesem wohnen, erfahren, leben, arbeiten wir, navigieren wir uns. Der Raum erscheint inhomogenen und einheitlich zugleich. Architekt*innen der materiellen Architektur und Designer*innen von Interfaces entwerfen die Formen, strukturieren diese Elemente und damit die Erfahrung im Gebilde.

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„[The interface] arranges and relates the elements within that space and regulates the timing of its tracers, and so defines the processes of augmentation as an event performed in space and time.“

Branden Hookway: Interface (2014)

Es muss also bewusst sein, dass die Erfahrung durch die Position und Gestaltung der Elemente gesteuert wird. Was Lynch über das Erfahren des Stadtbildes in „Das Bild der Stadt“ schreibt, passt wiederholt zum meinem Verständnis vom Begreifen einer Website. Durch das stetige Bewegen durch Inhalte, durch das Laden weiterer Informationen und Materialien folgen Ereignisse aufeinander. Fragmente reihen sich aneinander und schaffen weite, komplexe Gefüge, die für jeden User durch dessen Navigation und die so gewählte Abfolge einzigartig sind. Jeder User handelt nach seinen Interessen und Bedürfnissen im Raum. Durch die immer neue Veränderung der Wegführung sind wir verpflichtet, auch die Elemente neu zu arrangieren. In der Stadt wird ein neues Konzerthaus errichtet, urbane Strukturen werden verändert, eine Bahnlinie erweitert, Haltestellen entstehen oder werden verlegt. Ein neuer Artikel wird online gestellt, der User möchte mehr erfahren, Wissen anreichern, weitere Artikel zum Thema lesen. Verknüpfungen entstehen unentwegt. Die Elemente im urbanen Raum und des Interfaces müssen diese Veränderungen der Raumsituationen tragen und unterstützen.

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„Die Kunst der Städteplanung ist jeder Beleuchtung und jeder Witterung ausgesetzt. Es ist in jedem Augenblick mehr vorhanden, als das Auge zu sehen und das Ohr zu hören vermag – immer gibt es einen Hintergrund oder eine Aussicht, die darauf warten, erforscht zu werden. Nichts wird durch sich selbst erfahren, alles steht im Zusammenhang mit seiner Umgebung, mit der Aufeinanderfolge von Ereignissen, die zu ihm hinführen, mit der Erinnerung an vergangene Erlebnisse. [...] Die beweglichen Elemente einer Stadt – insbesondere die Menschen und ihre Tätigkeiten – sind genauso von Bedeutung wie die stationären physischen Elemente. Wir sind nicht einfach Beobachter dieses Schauspiels – wir spielen selber mit und bewegen uns auf der Bühne gemeinsam mit den anderen Spielern. Meistens ist unsere Wahrnehmung von der Stadt nicht ungeteilt und gleichmäßig, sonder vielmehr zerstückelt, fragmentarisch, mit anderen Dingen und Interessen vermischt. Fast alle Sinne treten in Tätigkeit, und das vorgestellte Bild setzt sich aus ihnen allen zusammen.“

Kevin Lynch: Das Bild der Stadt (1993)

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01 Peter Zumthor:

Architektur denken (1999), S.15

02 Venturi, Scott Brown, Izenour:

Lernen von Las Vegas (1979), S.24

03 Branden Hookway:

Interface (2014), S.18

04 Kevin Lynch:

Das Bild der Stadt (1993), S.10 f.

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